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Artikel aus Mobile Times 4

Der Computer in der Hand ...
... samt Telefon und Kamera

Die von MOBILE TIMES vorhergesagte Integration von Mobiltelefon, Handheld-Computer und Kamera ist fast vollständig: Zwei der drei Komponenten sind in vielen Geräten bereits integriert, die dritte steckt man dann eben an. Aber auch sonst gibt es bei den kleinsten Computern viel Neues in diesem Frühjahr.


Die englisch sprechende Welt nennt sie «White Collar Workers», weil sie sich bei der Arbeit nicht schmutzig machen. Ein «White Paper» von Psion nennt sie die primäre Zielgruppe für Palmtops. Und die meisten Hersteller in der passenden Kategorie zeigten auf der CeBIT, dass sie ebenfalls ein grosses Geschäft wittern - vor allem seit Windows CE das Risiko eines totalen Flop ziemlich gering erscheinen lässt.

Palmtops an allen Ecken

Es ist nicht einmal sicher, ob wir die Geräte in Zukunft überhaupt «Palmtops» nennen werden. Es ist sogar eher wahrscheinlich, dass auch die Palmtops in Zukunft durch etwas ersetzt werden, dass wir heute «Smartphone», «Communicator», «Mobile Companion» usw. nennen. Noch ist es nicht so weit, und die nächsten Jahre werden wohl eine echte Hochblüte der Palmtops bringen.

Grundsätzlich wird zwischen Geräten mit und ohne Tastatur unterschieden. Der Prototyp für die Geräte mit Tastatur war der gute alte Psion, während der PalmPilot, der nach dem Kauf von US Robotics jetzt von 3Com kommt, wohl das Muster für die reine Stifteingabe darstellt, wenngleich der Apple Newton und andere, deren Produktion inzwischen eingestellt worden ist, schon früher auf Stifteingabe setzten.

Der ultimative PIM

Ihnen sagt «PIM» gar nichts? Es steht natürlich für «Personal Information Manager», also ein Gerät, dass nicht nur den Terminkalender und die Kontaktdatenbank enthält, sondern auch über Textverarbeitung, Tabellenkalkulation usw. verfügt und mit einer Desktop-Maschine Daten austauschen kann. Ein Computer also, der (fast) alles kann, aber dennoch in die Tasche passt - wir nennen ihn in der Folge «Palmtop».

Die Kommunikation unterwegs erfolgt in Kombination mit einem fixen oder mobilen Telefon über das Netz. Der Palmtop benötigt dazu eine Kommunikationskarte, ein eingebautes Modem oder auch eine Softwarelösung (Soft-Modem). Im Büro kann der Palmtop nicht nur direkt mit einem Desktop-PC kommunizieren, sondern sich auch direkt in ein «Local Area Network» (LAN) oder «Wide Area Network» (WAN) einschalten - entweder über Kabel, über Funk oder über Infrarot.

Infrarot scheint überhaupt die aktuelle Form der drahtlosen Datenübertragung zu werden. Der schon seit Jahren vorliegende IrDA-Standard setzt sich bei Notebooks, Palmtops, Organizers und sogar Handys immer mehr durch und wird uns wohl die nächsten Jahre begleiten.

Die Industrie hat einen Vorschlag «Mobile Network Computer Reference Specification» unterbreitet, der ein Protokoll-Set und Standards festlegt, die definieren sollen, ob ein gegebenes Gerät tatsächlich einen «Mobile Network Computer» (MNC) darstellt.

Fachleute erwarten, dass die verwendete Software auf Java basieren wird und HTML ebenso unterstützt wird wie verschiedene Video-, Audio- und Konferenzsysteme.

Die Komponenten dazu gibt es alle schon. Siemens zeigte auf der CeBIT ein DECT-Telefon mit eingebauter Kamera und Minibildschirm, bei Sharp gab es einen Palmtop zu sehen, an den man eine Kamera einfach anklicken kann, und auch Nokia zeigte mit dem neuen Communicator die Möglichkeiten der Bildübertragung.

Organizer

Haben wir noch vor wenigen Monaten die kleinen Geräte mit Tastatur, die wie ein geschrumpftes Notebook aussehen, als Organizer bezeichnet, sollte man diese Bezeichnung wohl nur mehr für jene Handhelds verwenden, die mehr oder weniger geglückte Nachbildungen des PalmPilot darstellen: Klein wie ein Taschenkalender und dennoch mit der Funktionalität eines grossen Terminkalendersystems, ausserdem noch in der Lage, mit einem PC und seit kurzem auch über Mobiltelefone zu kommunizieren. Integriert man das Mobiltelefon auch noch, dann hat man ein

Smartphone

Soweit wir feststellen konnten, ist die Bezeichnung «Smartphone» frei verwendbar. Smartphones sind Mobiltelefone, die gelernt haben, wie ein Computer zu agieren. Man kann mit ihnen nicht nur telefonieren, sondern im Internet surfen, Faxe senden und empfangen sowie selbstverständlich auch SMS und E-Mail senden und empfangen. Manche unterscheiden den «Communicator» noch als eigene Gruppe, weil er über eine komplette Tastatur verfügt, während Smartphones neben den Telefon-typischen Zifferntasten nur die Eingabe mittels Stift über ein druckempfindliches Display kennen. Die Tastatur als Unterscheidungsmerkmal scheint uns aber etwas zuwenig zu sein, denn das Eingabeverfahren kann wohl nicht die Kategorie des Geräts bestimmen.

Neue Geräte im Anrollen

War letztes Jahr der Nokia Communicator noch ein einsames Produkt auf der weiten Telefon-Flur, bekam er jetzt nicht nur aus dem eigenen Hause Konkurrenz. Der neue 9110 ist zwar kleiner als das weiter angebotene Vorbild, dafür beherrscht er auch den direkten Kontakt zu einer Kamera und die Bildübertragung. Wie der Communicator 9000 verwendet auch der 9110 das Betriebssystem GEOS.

Das Philips «Synergie» - ein Add-on zum demnächst lieferbaren GSM-Handy «Ilium», das dieses zum Smartphone macht, haben wir schon im letzten Heft angedeutet. Was an diesem Gerät für viele Psion-User interessant erscheint, ist die Tatsache, dass es mit dem EPOC32 das gleiche Betriebssystem verwendet wie der Psion 5. Mehr über neue Handys und Smartphones gibt es ab Seite 16 zu lesen.

Windows CE

Die grösste Welle an Neuheiten gab es aber bei den Rechnern, die Windows CE einsetzen. Nachdem es von der Version 1.0 keine deutsche Variante gab, hoffen die Hersteller nun mit der Version 2.0 auf das Geschäft, das ihnen Microsoft - war man selbst unsicher über die Marktchancen? - durch seine Zurückhaltung bei der Lokalisierung der Software 1.0 praktisch verdorben hat.

Was erfahrenen Palmtop-Benutzern sofort auffällt, ist die grosse Zahl Anbieter, die ihre CE-Rechner auch mit Farbdisplay anbieten. Das bedeutet nämlich, dass die kleinen Computer mit zwei winzigen Batterien oder Akkus meist nur zwei Stunden in Betrieb bleiben können, während Konkurrenten mit Graustufendisplay das Zehnfache leisten und rund zwanzig Stunden aktiv bleiben können.

Die neuen Displays haben auch eine bessere Auflösung. Bot die erste Generation nur 480 x 240 Bildpunkte, gab es diesmal fast nur mehr 640 x 420 Pixels zu bewundern.

Ein weiterer Trend sind eingebaute Modems oder Software-Modems, die den PCMCIA-Slot frei lassen. Ein kurze Übersicht über die neuen Windows CE-Rechner finden Sie in der Tabelle 1.

Während die Windows CE-Rechner vor allem auf jene Benutzer ausgerichtet sind, die bisher von Psion, Sharp usw. bedient wurden, sind die PalmPCs - im deutschen Sprachraum werden sie «TaschenPC» heissen, um den laufenden Klagen von 3Com auszuweichen - wohl die schärfsten Gegner des Marktführers bei den Stift-gesteuerten Notizcomputern. Was wir diesbezüglich an Windows CE gesehen haben, steht in der Tabelle 2.

Wer jetzt glaubt, Microsoft habe mit CE wieder einen Markt aufzurollen begonnen, der bisher nur über ein Kabel - zur Synchronisation mit dem PC - mit der Windows-Welt verbunden war, der hat sicher recht. Aber auch die Konkurrenz schläft nicht, und hier ist ein Markt, der sich anders als der stationäre Markt präsentiert, auf dem Microsoft bisher tätig war. Psion hat bekanntlich schon vor der Präsentation der ersten CE-Rechner ein innovatives Produkt auf den Markt gebracht, das es in vielen Bereichen mit der CE-Konkurrenz aufnehmen kann. 3Com hat mit dem PalmPilot III ebenfalls ein sehr konkurrenzfähiges Produkt in der Hand - und die Unterstützung von IBM und schliesslich sind auch die anderen Aktiven auf dem Markt nicht untätig geblieben. Bei unserer österreichischen Redaktion warten ein Cassiopeia, ein PalmPilot und zwei Geräte von Texas Instruments (ein Avigo und ein PocketMate) auf ausführliche Tests, über die wir im nächsten Heft berichten wollen.

Franz A. Köttl/fwk




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 3. Mai 2004
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